Simone Dittmann berichtet von ihrer ersten Hilfstour nach Weißrussland

IMG_2959xGroße Dankbarkeit bei unseren Freunden –            Eindrücke und Erlebnisse beim Hilfstransport nach Brest vom 20. – 25. September 2017

Das Wichtigste vorab: Unsere Mannschaft ist am 25. September wohlbehalten aus Brest nach Greiz zurückgekehrt.

Trotz der gemischten Erfahrungen der letzten Touren sind wir mit positiven Gedanken am 20. September 2017 in Richtung Weißrussland gestartet. Die Fahrt verlief sehr gut, ebenso wie die reibungslose Abfertigung der einzelnen Behördenstellen an der polnischen Grenze.

Nachts um 2.07 Uhr trafen wir an der weißrussischen Grenze ein. Mit einem unguten Gefühl fuhren wir an das erste Terminal der Grenze. Zu diesem Zeitpunkt waren wir die Einzigen, kein LKW war weit und breit zu sehen. Die Abfertigungsmodalitäten verliefen anfangs gut. Aber leider sollte es nicht so weitergehen. Im Hauptgebäude des Grenzareals angekommen begannen schon die ersten Diskussionen. Die Frachtpapiere und Ladelisten wurden sehr genau geprüft. Man hatte das Gefühl, dass die Beamten etwas finden wollten, um uns die Einreise zu erschweren.

Diesen zahlreichen Abfertigungsaktionen fiel viel kostbare Zeit zum Opfer. Es war ein stundenlanger Kampf mit den Beamten, die keinerlei Interesse an unserer Hilfsmission zeigten. Auch bei der Verständigung legten die Grenzmitarbeiter es direkt darauf an, dass wir sie nicht verstanden. Emotionen wie Wut, Traurigkeit und Hilflosigkeit machten sich bei uns bemerkbar. Das ewige „Schalterhüpfen“ ermüdete, zumal wir meist nicht wussten, was wir eigentlich tun sollten, um voran zu kommen.

Ein weißrussischer LKW-Fahrer bemerkte unsere Hilflosigkeit, bot uns seine Hilfe an und unterstützte unser Team bei der weiteren Abwicklung der Formalitäten. Dank dieses Mannes konnten wir nach 13-stündiger Grenzabfertigung schließlich nach Weißrussland einreisen. „Einreise“ heißt, dass wir unter Führung eines Konvoi-Fahrzeugs zum Gelände des Brester Stadtzolls geleitet wurden. Obwohl wir mit unseren Gütern und Spenden den Menschen Hilfe brachten fühlten wir uns wie Schwerverbrecher. Denn im Stadtzoll angekommen setzten sich die demütigenden Formalitäten fort. Die LKW blieben über Nacht unter Verschluss stehen, am nächsten Tag, nach einer Nacht mit dringend nötigem Schlaf, sollten wir uns um acht Uhr wieder einfinden.

Eigentlich ahnten wir, was kommen würde, trotzdem blieb die Hoffnung auf eine nunmehr rasche Zollabwicklung. Leider umsonst: Nach langen Verhandlungen mit dem Zoll stand fest: Alle vier Container müssen komplett entladen werden. Eine kräftezehrende und demotivierende Arbeit für unser Team, die vor allem wiederum viel unserer wertvollen Aufenthaltszeit kostete. Der Zoll führte seine Kontrollen durch, danach mussten die 23 Tonnen Ladung von unseren Männern wieder eingeladen werden. Erschöpfung, Wut, schmerzende Gelenke und Müdigkeit machten sich breit. Froher Hoffnung, dass nun der Überbringung der Hilfsgüter an unseren Partnerverein nichts mehr im Wege steht erfuhren wir nach 12 Stunden harter Arbeit, dass die LKW eine weitere Nacht auf dem Zollhof weggesperrt bleiben – ein ganzer Tag unseres geplanten Besuchsprogramms war verloren.

Erschöpft kamen unsere Männer am Abend zum Treff mit den Mitgliedern unseres Partnervereins, die ein Abendessen organisiert hatten und uns mit herzlichen Gesprächen empfingen. Diese Gastfreundschaft, die uns zuteil wurde, entschädigte für Einiges an den Strapazen der letzten Tage. Und wir erfuhren immer wieder, dass die Menschen, denen wir helfen, wissen, was wir für Mühen auf uns nehmen.          

Am nächsten Tag konnten nun endlich die Hilfsgüter in das Lager des Vereins „Kinder in Not“ gebracht und abgeladen werden. Nun war schon Samstag nachmittag und es blieb nur wenig Zeit für die wichtigen Besuche bei den Kindern. Von den geplanten drei Stationen konnten wir leider nur zwei besuchen.

In Berjosa wurden wir sehr herzlich von Rosa empfangen. Wir trafen Alena, ein zwölfjähriges Zwillingsmädchen, die an Leukämie erkrankt ist. In diesem Alter ist eine solche Erkrankung besonders schwer zu ertragen, die betroffenen Kinder werden mit der Angst vor dem Tod konfrontiert und stehen unter großen psychischen Belastungen. Alena befindet sich derzeit in Behandlung. Auch Sascha haben wir begrüßen können. Er ist mittlerweile 26 Jahre alt, verheiratet, hat einen Sohn. Sascha war eines der ersten erkrankten Kinder, die wir betreut haben. Seinen Nierenkrebs hat er überstanden und wir alle freuten uns mit ihm.

Vor der Weiterfahrt nach Kobryn besuchten wir zwei Friedhöfe mit russischen und deutschen Soldatengräbern und legten dort zum Gedenken zwei Kränze nieder. Auf dem Weg nach Kobryn wurde es nun schon dunkel und wir wurden sehnsüchtig erwartet. 20 Kinder waren vor Ort und begrüßten uns. Es herrschte eine schöne und warmherzige Atmosphäre, die uns die Strapazen der letzten Tage vergessen ließ. Gemeinsam verbrachten wir einen fröhlichen Abend mit den Kindern. Unsere mitgebrachten Rostbratwürste wurden gleich auf den Grill gelegt und genussvoll von den Kindern verzehrt. Natürlich hatten wir auch kleine Geschenke für die Kinder im Gepäck. Das Leuchten der Kinderaugen und die glücklichen Gesichter gaben uns Kraft und Hoffnung für zukünftige Hilfstransporte. Natalja, die Leiterin des Kinderheims, betonte noch einmal, wie wichtig unsere Hilfe sei und bedankte sich für unser Engagement. Glückselig und müde fuhren wir gegen 23 Uhr zurück nach Brest.

Am nächsten Tag, dem Sonntag, war es leider wieder so weit, die Heimreise anzutreten. Gegen 13 Uhr verabschiedeten wir uns von unseren Freunden und fuhren zur Grenze. Dort schickte man uns gleich zum Röntgen der (leeren!) LKWs und des Begleit-PKW – wiederum eine zeitraubende Angelegenheit. Erst nach insgesamt acht Stunden Aufenthalt an der Grenze war es geschafft und wir fuhren wieder Richtung Heimat. Zwischenzeitlich wurde eine Rast eingelegt, die Fahrer mussten wenigstens ein  bisschen Schlaf bekommen.

Trotz vieler besonderer und schwieriger Umstände und Probleme kam unsere Hilfe bei den Menschen an, die dringend darauf gewartet haben.

Die Mitglieder des Partnervereins haben uns großen Dank ausgesprochen. Diesen Dank wollen wir sehr gern weitergeben. Danke an alle unsere Sponsoren und Unterstützer, an die fleißigen Mitarbeiter des Vereins, die diesen Transport möglich gemacht haben!

 Simone Dittmann

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